Revolutionäre und Glühwein – von Shikoku nach Osaka.

Jaaa, ich geb’s ja zu: Ich habe eine ganze Weile hier nichts mehr geschrieben. Das hat aber einen ganz einfachen Grund: Ich bin zwar in den vergangenen Wochen weit gereist durch Japan, aber insbesondere nach Afrika fehlt so ein bisschen der „Wow-Faktor“. Liegt vielleicht aber auch daran, dass das Leben und Reisen in Japan für mich immer „normaler“ wird. Anyway😉!

Weil es mir vor allem darum ging, das Leben in Japan außerhalb der großen touristischen Zentren zu erleben, bin ich nach Shikoku gereist. Das ist die kleinste der vier Hauptinseln Honshu, Hokkaido, Kyushu und eben Shikoku.

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Darf ich vorstellen: Hokkaido, Honshu, Shikoku und Kyushu – die vier japanischen Hauptinseln.

Shikoku ist eher ländlich geprägt und vor allem im Landesinneren deutlich dünner besiedelt als viele andere Regionen in Japan.

Zuerst bin ich noch einmal nach Matsuyama zurückgekehrt. Hier bin ich schon einmal im Sommer gewesen. Im August war es mir allerdings deutlich zu warm für Matsuyamas Hauptattraktion – den berühmten Dogo-Onsen. „Onsen“, das sind heiße Quellen. Und die Japaner lieben es, im heißen Naturquell-Wasser zu entspannen.

Der Dogo-Onsen ist wohl der berühmteste. Die Quelle wird seit etwa 3.000 Jahren von Menschen genutzt. Und das heutige, wunderschöne Gebäude, das die Bäder beherbergt, ist Ende des 19. Jahrhunderts entstanden.

Von außen sieht es ein wenig wie ein buddhistischer Tempel aus, und innen verzaubert das Bad mit verwinkelten Wegen und Treppen. Es soll sogar Vorlage für ein „Götterbad“ in Hayao Miyazakis berühmtem Animationsfilm „Chihiros Reise ins Zauberland“ gewesen sein.

Will man dort baden, stehen mehrere Optionen zur Wahl. Es gibt ein „einfaches“ Bad, für das man seine Badeutensilien selber mitbringen muss, oder auch eine etwas luxuriösere Variante in einem zweiten Bad. Hier bekommt man einen dünnen Baumwollkimono, Handtuch und Seife gestellt und hinterher kann man, in den Kimono gewickelt, auf dem Tatamiboden entspannen und einen grünen Tee mit Knabbereien genießen.

Ich entscheide mich für diese Variante – man lebt ja nur einmal. Vor dem Baden im – streng nach Geschlechtern getrennten – Becken, nehme ich wie es in Japan üblich ist, auf einem Holzschemel Platz, seife mich ordentlich ein und spüle dann gründlich alle Seifenreste ab. Dann erst geht es ins heiße, seidenweiche Quellwasser.

Allzu lange hält man es hier nicht aus, aber man kann sich an den Rand des Beckens setzen, oder nochmal kalt abspülen.

Hinterher bin ich im wahrsten Sinne des Wortes „platt“. Allerdings schmeckt das Bier nach dem Bad besonders gut🍺✨.

Von Matsuyama geht es weiter nach Takamatsu, im Osten von Shikoku.

Bevor die großen Brücken zwischen Honshu und Shikoku gebaut worden sind, war Takamatsu ein wichtiger Fährhafen für die Verbindung nach Osaka. Bis heute spielt die Seto-Inlandssee eine große Rolle im ökonomischen aber vor allem auch im kulinarischen Leben der Stadt.

Meine letzte Station auf Shikoku ist dann Kochi, im Süden der Insel. Tokyo, Kyoto oder auch Osaka sind hier schon recht weit weg, und die Menschen sind stolz auf ihren Sinn für unabhängiges Denken.

Vielleicht waren deshalb auch einige Persönlichkeiten aus Kochi prägend für den Wechsel Japans vom quasi-mittelalterlichen Shogunat zum heutigen Staat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Insbesondere der junge Sakamoto Ryoma spielte bei dieser Revolution eine wichtige Rolle. Bis heute ist er der wohl berühmteste Sohn der Stadt, obwohl auch noch andere Personen aus Kochi an der „Meiji-Restauration“ beteiligt waren.

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Das Standbild von Sakamoto Ryoma, dem wohl bekanntesten Sohn der Stadt Kochi.

Von Shikoku aus mache ich dann noch einen Abstecher nach Kyushu, die südlichste der vier Hauptinseln. Hier bleibe ich zwei Tage in Fukuoka und mache auch einen Tagesausflug nach Kumamoto, dass Anfang des Jahres von einem Erdbeben heimgesucht worden ist. Tatsächlich kann man an der mittelalterlichen Burganlage von Kumamoto schwere Schäden sehen. Vermutlich wird es rund 20 Jahre dauern, bis alle Schäden behoben sind. Und auch andere, meist alte Sehenswürdigkeiten der Stadt sind noch immer für Besucher geschlossen.

Immerhin kann ich den Suizenji Garten besuchen. Im 17. Jahrhundert angelegt, ist er eine Mini-Ausgabe der berühmten 53 Stationen der Tokaido, einer Straße, die früher Kyoto und Tokyo verbunden hat. Und so gibt es in dem Garten sogar eine Nachbildung des Fuji.

Glücklicherweise sieht man in der Stadt wenig bis nichts von den Erdbeben-Schäden. Aber diese Aussage ist natürlich mit Vorsicht zu genießen. Ein Tagesausflug ist sicherlich keine fundierte Beobachtungsbasis.

Fukuoka, die größte Stadt auf Kyushu ist, wie alle japanischen Großstädte, ein wenig gesichtslos. Erst nachts zeigt Fukuoka seine strahlende, lebendige Seite, wenn an den Ufern des Naka-Flusses dutzende kleine Essstände aufmachen und schnell hungrige Kundschaft finden.

Hier kann ich dann auch die berühmten Hakata-Ramen probieren, eine Spezialität dieser Region.

Am Ende meines Ausflugs nach Fukuoka, genehmige ich mir auch noch einen echten, deutschen Glühwein auf dem kleinen Weihnachtsmarkt am Hauptbahnhof.

Der heiße, gewürzte Wein schmeckt sogar genau wie in Deutschland. Es gibt da nur einen kleinen Schönheitsfehler: es ist an diesen Tagen viel zu warm in diesem Teil Japans. Bei bis zu 18 Grad steht mir der Sinn eigentlich eher nach einem kalten Bier. Aber schließlich siegt die Neugier und ich probiere den Glühwein. Immerhin, danach kann ich dann auch gut schlafen.

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Weihnachtsmarkt am Hauptbahnhof von Fukuoka. Der Glühwein schmeckt, allein, es ist mit 15-18 Grad viel zu warm.

Am nächsten Tag geht es zurück nach Osaka. Mein JR Rail Pass, mit dem ich bisher bequem und ohne weitere Kosten durch Japan reisen konnte, ist nach drei Wochen abgelaufen. Eine Fahrt mit dem Shinkansen wird jetzt teuer. Daher entscheide ich mich auch, den Rest meiner Zeit in Japan in Osaka und Kyoto zu verbringen, im Kansai, dem alten Zentrum Japans.

 

 

 


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